Bernhard Wiesinger - Enlightened

Bernhard Wiesinger - Enlightened - Albumcover
Bernhard Wiesinger - Enlightened

Bernhard Wiesinger
Enlightened

Erscheinungstermin: 20.09.2024
Label: Double Moon, 2024

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jazz-fun`s recap:

Das neue Album von Bernhard Wiesinger bestätigt die große Klasse dieses Künstlers. Sehr gute Kompositionen und viel Raum für Improvisationen der großartigen Instrumentalisten, die zu diesem Projekt eingeladen wurden, machen es zu einem außergewöhnlichen Werk. Das Album kann von der ersten bis zur letzten Note in einem Atemzug gehört werden. Wir sind begeistert! (Jacek Brun, 25.09.2024)

Bernhard Wiesinger - Tenor Saxophone
Chien Chien Lu - Vibraphone
Peter Bernstein - Guitar
Boris Kozlov - Double bass
Bill Stewart - Drums

Erleuchtung - das kann im metaphysischen, auch spirituellen Sinne gemeint sein, aber auch ganz bodenständig, im fast alltäglichen Sinne. Wenn es beispielsweise um Entscheidungen geht, stellt sich im Idealfall ein Moment der Klarheit, der Erleuchtung ein. Solche Erlebnisse der Gewissheit gehören zum Leben und können dazu beitragen, mit sich im Reinen zu sein, Selbstvertrauen zu gewinnen und entscheidend voranzukommen. Nicht umsonst hat Bernhard Wiesinger sein neues Album und den ersten Titel „Enlightened“ genannt. Der österreichische Saxofonist und Komponist, der sich seit Jahren im erweiterten Umfeld der Wiener Szene bewegt, glaubt an die positive Kraft solcher Momente. Dieses Album ist ein gutes Beispiel dafür.

„Enlightened“ ist erst das zweite eigene Album in Wiesingers Karriere. Auch dieses hat der 1981 geborene Tenor- und Sopransaxofonist mit einer hochkarätig besetzten Band in New York City aufgenommen. Ein solches Projekt zu realisieren, erfordert nicht nur Organisationstalent und eine gewisse Risikobereitschaft. Es braucht innere Stärke und den festen Glauben daran, dass etwas Besonderes entsteht. „So etwas kann man nur bedingt planen“, weiß er. „Es geht nicht nur darum, die richtigen Töne zu treffen. Das Material muss passen, vor allem aber muss die Chemie stimmen.“ Eine Frage von Entscheidungen auf verschiedenen Ebenen, zum Beispiel bei der richtigen Besetzung.

Dass sich hier alles zu einem organischen Ganzen fügt, wird schon beim Opener deutlich. Die unwiderstehliche Präsenz Wiesingers, der seine ganze Klasse locker ausspielt, ist eingebettet in ein perfekt aufeinander eingespieltes Ensemble. „Konzentriert und gleichzeitig entspannt“, beschreibt der Leader die kreative Atmosphäre der Sessions. In jeder Hinsicht ein würdiger Track für den bedeutenden Titel und den Einstieg.

Die Wahl der Bandmitglieder war kein Zufall. „Peter Bernstein inspiriert mich einfach!“ Den New Yorker Gitarristen wollte er schon für das erste Album („Notice That Moment“, Double Moon, 2020) engagieren, was aus Termingründen nicht klappte. Diesmal haben die beiden ein gemeinsames Zeitfenster gefunden. Vorausgegangen war ein Treffen in Wiesingers Heimat. Der Saxofonist stammt aus Poysdorf in Niederösterreich, eine Autostunde nördlich von Wien. Die bekannte Weinstadt ist auch eine gute Jazz-Adresse, nicht zuletzt wegen des „Jazz & Wine Summer“. Dort jammten Bernstein und Wiesinger. Dort traf er auch zum ersten Mal den Bassisten Boris Kozlov - der gebürtige Moskauer lebt seit über 30 Jahren in den USA.

Eine Art Schlüsselfigur für Wiesingers New York-Connection ist Top-Drummer Bill Stewart (John Scofield, Pat Metheny, Maceo Parker, Chris Potter u.v.a.). Mit Bernstein bildet Stewart seit langem ein Trio. Stewart war auch der Schlagzeuger auf Wiesingers Debütalbum. „Für solche Anlässe gibt es nichts Besseres als Bill“, schwärmt der Österreicher. Das gilt sowohl für die musikalische als auch für die menschliche Seite. „Er ist mit seiner Musikalität, seiner Kreativität, seiner Routine, aber auch als Typ ein Garant dafür, dass es gut wird.“ Wiesinger schätzt auch Stewarts Vielseitigkeit, etwa sein ausgeprägtes Groove-Gefühl. Mit „Prankish Funkish“ und „Retrospection“ steuerte der Saxophonist Stücke bei, deren funkige Raffinesse bei dem Ausnahmedrummer in besten Händen war.

Für drei Titel erweiterte Wiesinger die Gruppe zum Quintett. Die Vibraphonistin Chien Chien Lu hatte er bereits bei einem Auftritt in Österreich kennengelernt. Er erlebte die Taiwanesin, die 2015 in die USA übersiedelte, bei einem Konzert im Wiener Jazzland. Chien Chien Lu gehört zu den aufsteigenden Sternen der New Yorker Jazzszene - ihre Beiträge sind brillant. Zudem hat die Klangkombination von Vibraphon und Gitarre einen besonderen Reiz, wie historische Beispiele zeigen.

Dass man bei einem solchen Projekt nicht nur als Instrumentalist und Leader, sondern auch als Komponist ein bleibendes Statement abgibt, war Wiesinger mehr als bewusst. Eine Komposition, so sein Anspruch, soll den ansprechenden Rahmen und die Basis dafür bilden, dass sich ein gemeinsamer Klang entfaltet und sich alle Beteiligten solistisch wohl fühlen. Bei aller Vielfalt seiner Titel ist ihm genau das gelungen. Nicht fehlen durfte ein Stück des Pianisten Fritz Pauer, mit dem er einst selbst gespielt hat. Der österreichischen Jazz-Ikone (1943-2012) hatte er bereits auf seinem ersten Album einen Titel gewidmet. Wiesinger ist unter anderem Mitglied einer Tribute-Band, die Pauers Musik huldigt. Enlightened" endet mit einer Ballade, die durch eine Version der Beatles ("With The Beatles", 1963) besondere Popularität erlangte. Auf der gezielten Suche nach einem weniger interpretierten Beatles-Stück war Wiesinger auf diesen Song aus den späten 50er Jahren gestoßen, der kurz nach seinem Erscheinen unter anderem von Sonny Rollins gecovert wurde.

Warum New York? „Mit den Heroes ein Album in New York aufzunehmen, war auch für mich ein Lebenstraum. Beim ersten Mal hat es sich so gut angefühlt, da wollte ich dran anknüpfen.“ Bernhard Wiesinger war schon öfter in New York, hat aber nie längere Zeit dort gelebt. „Die Energie ist einfach eine andere, auch für so eine Produktion“, kann er nur bestätigen. Und genau die hat er mit „Enlightened“ perfekt eingefangen. Eine brillante Entscheidung.

Text: Double Moon

  1. Enlightened
  2. Come Undone
  3. Prankish Funkish
  4. Here We Are
  5. Retrospection
  6. Rumble
  7. Behind The Curtain
  8. Mara
  9. Till There Was You

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